Es waren knappe Worte, mit denen Hannover 96 von einem internen Erdbeben berichtete: Am späten Nachmittag des 27. Julis 2022 meldete der Zweitligist, Martin Kind sei als Geschäftsführer der Niedersachsen „aus wichtigen Gründen“ abberufen worden. Die Gremien würden zeitnah über eine Neubestellung entscheiden. Diese zwei Sätze markieren das Ende einer Ära, die 1997 begann. Schon vor 23 Jahren wurde die Profi-Fußballsparte aus dem Verein ausgegliedert und im Laufe der Zeit in mehrere Gesellschaften aufgespalten. Dies ermöglichte es Kind, das Profigeschäft weiter zu kontrollieren, obwohl er im Laufe der Zeit im Verein längst an Ansehen eingebüßt hatte – und beispielsweise schon seit 2019 nicht mehr Präsident ist. Das komplizierte Konstrukt gestattete es dem Verein zudem, die 50+1-Regel nicht zu unterlaufen: Eine paritätisch aus dem Verein und den Gesellschaften besetzte Management GmbH bestellt die Geschäftsführung.
Die Fans waren lange unzufrieden
Das Ergebnis dieser Struktur war es, dass der Profi-Fußball demokratisch nicht mehr zu kontrollieren war, da die Gesellschaften alles blockieren konnten. Und diese standen bislang treu hinter Kind. Im Gegenzug für das Einverständnis des Vereins zu diesem Konstrukt hatten der langjährige Vereinspatriarch und weitere Gesellschafter wie Drogerie-Besitzer Dirk Roßmann dem sogenannten „Hannover-Vertrag“ zugestimmt. Sie zahlten Millionen von Euro für den Breitensport, der ansonsten finanziell verendet wäre.
Die Fans waren allerdings schon lange mit der Struktur unzufrieden. Schließlich blieb der Erfolg aus. Hannover hielt in der vergangenen Saison nur mit Glück die Klasse in der zweiten Liga. Und auch der Saisonstart in die aktuelle Spielzeit misslang. Die Niedersachsen holten nur einen Punkt aus den ersten beiden Spielen. Laut „Bild“ drängte der Verein deshalb auf Mitspracherecht wichtiger Personalien, die bislang der Geschäftsführung vorbehalten waren. Kind soll sich dagegen gesperrt haben, was wohl des Guten zu viel war. Es kostete ihn demnach den Job. Aufgrund des besonderen Konstrukts müssen dabei aber auch Leute gegen ihn gestimmt haben, die bislang treu zu ihm standen. Es ist wohl trotzdem kein zu gewagter Tipp, dass dies noch nicht alles war, was wir von diesem Vorgang gehört haben. Kind war bislang nicht die Art von Persönlichkeit, die schweigend in der Nacht verschwindet.